Was ist der Story-Samstag?
Der Story-Samstag hat nur zwei einfache Regeln: Tante Tex gibt ein kleines Thema vor. Und wir haben die Möglichkeit ganz kreativ darauf mit einem geschriebenen Beitrag – egal ob als Gedicht, Abhandlung, Erzählung, Witz oder sonstiger literarischer Art – zu reagieren. Man hat immer zwei Wochen Zeit um seiner Kreativität freien Lauf zu lassen….
Macht einmal eine Zeitreise in die Vergangenheit und berichtet über eure Erfahrungen. Vielleicht landet ihr ja bei den Dinosauriern? Oder in der Schlacht von Troja?
Wieder ein Tag, wie jeder andere, dachte Steffi. Sie hatte keine Lust die Augen zu öffnen. Aber dann viel es ihr ein. Es war ja gar kein Tag wie jeder andere. Sie hatte Urlaub und sie hatte einen tollen Trip geplant. Sie wollte in die Berge. Das wäre ihr erster Urlaub seit langem und auch noch alleine. Sie war sich nicht sicher, ob ihr das gefallen würde, aber eigentlich hatte sie es fest geplant. Endlich mal abschalten und sich Gedanken machen was sie denn noch so im Leben vor hatte. So wie es jetzt war, konnte es einfach nicht bleiben. Sie hasste ihren Job und ihr Leben auch bisschen. Ihre letzte Beziehung war eine Katastrophe und ihre Freunde hatten sich auf seine Seite geschlagen. Ja – gut sie hatte ihn, ohne ersichtlichen Grund, verlassen. Aber sie war einfach nicht glücklich mit ihm. Das Leben war schon in eine Bahn gerutscht, die ihr nicht gefiel. Deswegen war so ein Trip in die Berge – die Einsamkeit – genau das richtige. Sie hatte eine Hütte gebucht. Dort kam einmal die Woche eine Versorgungstour und sonst nichts. Strom gab es über Solar – so modern waren sie schon – und über einen Generator. Warmes Wasser – na ja wer brauch schon Luxus. Kaltes Wasser lässt die Geister erwachen.
Sie schnappte sich ihren Rucksack und packte, die Sachen, die sie vorbereitet hatte ein. Sie suchte ihr Ticket. Ihr Auto wollte sie hier lassen. Brauchte sie dort nicht. Dann rief sie ein Taxi zum Bahnhof und los ging es. Sie war ganz entspannt. Die Häuser zogen schnell an ihr vorbei. Als sie am Bahnhof ankam, hatte sie sogar Glück. Kein Streik – Keine Verspätung. Also bestens. Rein in den Zug und ab in die Einsamkeit.
Als sie ankam, wartete schon eine Pferdekutsche auf sie. Ein junger Mann sass drauf und als er sie sah, sprang er vom Bock und half ihr mit dem Rucksack.
„Hallo, ich bin Rubens. Ihr „Butler““. Lachte er.
„Mein Butler? Das nenne ich mal All-inclusive.“ Lachte sie. „Sie bringen mich in meine Hütte und versorgen mich wöchentlich?“
„Genau – hier werden Butler verdammt schlecht bezahlt, deswegen nur minimalistische Tätigkeiten.“ Grinste er. „Wie lange bleiben sie noch mal. Vier Wochen?“
„Ja genau. Vier Wochen um meinen Geist und meine Seele zu reinigen.“
„Hm. Ungewöhnlich eine so junge Frau. Sie scheinen keine Angst zu haben, so alleine?“
„Nein – ich bezweifel wirklich, dass sich jemand die Mühe macht auf den Berg zu kraxeln um mich irgendwie zu belästigen. Das wäre doch etwas zu viel Aufwand“ schmunzelte sie
Während der Fahrt unterhielten sich die beiden noch etwas über alltägliche Dinge. Und als sie ankamen zeigte Rubens ihr schnell noch wie der Generator funktionierte. Holz wäre genug da, für die kalten Tage.
„Wenn es einen Notfall gibt,“ meinte Rubens „dann findest du dahinten eine Feuerstelle um Rauchzeichen zu machen.“ Grinste er.“oder du nimmst das Funkgerät in der Hütte.“
„HAHA. Ich bleib beim Feuer. Ich danke dir. Dann sehen wir uns nächste Woche.“
„Alles klar Steffi. Ich wünsche dir eine entspannte Zeit.“
Steffi fing an sich einzurichten und sie genoss jetzt schon die Stille. Könnte sie immer so leben? Wäre es möglich ihre Karrierepläne, die noch nicht mal bestehen, ad acta zu legen um hier zu leben. In Einsamkeit und Stille? Sie würde es wissen – in vier Wochen. Jetzt würde sie erstmal eine ruhige Nacht geniessen. Und morgen wäre eine Wanderschaft geplant.
Steffi hatte noch nie so gut geschlafen. Sie wachte mit den Sonnenstrahlen auf, die auf ihr Bett schienen. Die Vögel zwitscherten ansonsten hörte sie nur einen Bach in der Nähe. Sie stand auf, kochte sich Kaffee und setzte sich mit der Tasse auf die Terrasse. Es war noch kühl, aber einfach traumhaft.
Eine Stunde später packte sie ihren kleinen Trackingrucksack, die Kamera und einen Snack ein und lief los. Sie hatte eine kleine Wanderkarte. Aber die wollte sie nur nehmen, wenn sie sich verlaufen würde. Sie war mit ihrem Vater als Kind oft gewandert und er hatte sie eigentlich ganz gut ausgebildet. Sie lief. sammelte bisschen Nahrung – es war früh im Jahr – die Birken konnten noch angezapft werden und die jungen Blätter konnte man noch essen. Sie war so in Gedanken, dass sie gar nicht merkte, dass vor ihr jemand stand.
„Rubens, was machst du hier?“
„Neben meinen Butler-Tätigkeiten, bin ich hier auch noch Wildhüter und Förster.“
„Uh – ein Mann mit vielen Geheimnissen. Toll. Darf ich dir etwas folgen. Ich bin schon einige Zeit unterwegs. Und ich muss mich langsam von der Welt abnabeln.“
„Ja klar, warum nicht. Ich habe vor zu einer Felsformation im Norden zu gehen. Da gibt es immer wieder schöne Vogelpopulationen zu beobachten.“
„Toll, lass uns gehen“
Sie liefen schweigend nebeneinander her. Es war nicht nötig zu sprechen. Die Gegend war einfach faszinierend.
Als sie bei der Felsformation ankamen, änderte sich das Wetter. Das passierte in den Bergen sehr schnell. Ihnen blieb nichts anderes übrig als in einer der Höhlen Unterschlupf zu suchen.
Sie machten sich ein Feuer und unterhielten sich etwas. Das Unwetter blieb. Irgendwann schliefen die beiden ein. Als sie wach wurde, krabbelten sie aus der Höhle. Sie streckten sich und Steffi wühlte in ihrem Rucksack nach dem löslichen Kaffee. Schnell machten sie sich auf der Glut noch einen Kaffee warm um dann wieder zurück zu gehen.
„Wie sieht es aus?“ Fragte Rubens
„Was meinst du?“
„Jetzt haben wie die Nacht ja schon miteinander verbracht, da kann ich dir wenigstens, anstandshalber, ein Frühstück spendieren.“ Lächelte er frech.
„Du hast Recht, das ist wohl das mindeste, das ich erwarten kann. Ein Ring wäre passender, aber fangen wir mit einem Frühstück an.“
Sie liefen albernd den Berg runter, Richtung Dorf und als sie gerade das Dorf betreten wollten stockte Rubens. Er blickte sich um und hielt Steffi zurück.
„Hier stimmt was nicht. Das sind zwar die Häuser meines Dorfes, aber sie sind anders gestrichen und es gibt keine Strassen für die Autos. Nur ein grosser runder Platz. Und überall Pferdekarren. Was ist denn hier los. Plant der Bürgermeister einen Mittelalterfest? Das wäre aber viel Energie aufgewendet.“
Sie gingen langsam und misstrauisch weiter. Auf einmal blieb eine Frau mit einer Schubkarre voller Karotten vor ihnen stehen.
Frau Steffanie, Herr Rubens, da seid Ihr ja wieder. Ihr habt eure Beinkleider an, wart Ihr wieder Kräuter sammeln? Wir haben Euch vermisst am Markttag. Aber jetzt weiss ich ja, dass Ihr Eure Medizinschränke auffüllen wolltet. Einen schönen Tag noch.“
Rubens schaute Steffi verwundert an und Steffi stand mit offenem Mund da. Was war denn hier los?
„Komm, lass uns schnell zu mir nach Hause gehen. Vielleicht löst sich das alles noch auf. “
Er zog sie hinter sich her. Als sie vor seinem Haus standen schaute er verwundert hoch. „Es steht auf dem Platz, aber es sieht so anders aus. Schau hier hängen lauter Kräuter zum Trocknen. Und da hinten ist ein Garten mit Kräutern. Das Vieh. Ich hatte kein Vieh. Ich hätte nie Zeit gehabt. Nur mein Hund, Mein Hund – wo ist Felix.?“ Und kaum hatte er den Namen ausgesprochen, wurde er auch schon von einem schwarzweißen Border Collie angesprungen.
„Felix. Ah mein guter Felix. Was ist denn hier los? Komm antworte mir“
„Na da würdest du aber dumm gucken, wenn er jetzt anfangen würde zu reden. Mich würde hier jetzt gar nichts mehr wundern“
„Komm lass uns rein gehen. Das mit dem Frühstück wird wohl nichts. Ausserdem ist es eh schon wieder fast Abend. Der Weg hat länger gedauert als erwartet. Ich lade dich noch mal ein die Nacht bei mir zu verbringen. Dann gibt es bestimmt ein Frühstück. “ Er grinste wie ein Junge, der das letzte Stück Kuchen geklaut hatte.
„Du hast Recht, lass uns schlafen. Vielleicht sind wir gar nicht wach. Es ist alles ein Traum und morgen ist alles wieder normal.“
Er zeigte ihr, wo sie sich hinlegen konnte. Als sie schlief, träumte sie. Sie sass in dem Raum und in der Ecke erschien eine Frau. Sie sah aus wie Steffi.
„Hallo Steffi.“
„Äh, Hallo?“
„Du wunderst dich wohl. Das ist verständlich. Ich bin die Schicksalsgöttin.“
„Oh – was schräge Träume, diese frische Luft hat es echt in sich. Warum siehst du aus wie ich?“
„Weil ich hier für dich erscheine. Ich nehme immer die Gestalt des Besuchten an.“
„Gut – der ganze Tag ist schon unter „Schräg“ gespeichert. Da ändert das jetzt auch nichts mehr. Also erklär dich.“
„Schön. Das mag ich an dir. Du fackelst nicht lange rum. Hier mein Angebot: Du bist unglücklich in deinem alten Leben. Also kann ich dir anbieten das Leben hier auszuprobieren. Du befindest dich 1407. Du bist hier ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft und kannst mit Rubens zusammen einiges erreichen. Du bist die Heilkundige hier im Dorf und sehr beliebt. Natürlich besitzt du Wissen aus der Zukunft, das hilft dir besondere Behandlungsmethoden anzuwenden, die vielen das Leben gerettet haben. Rubens ist hier ein angesehener Wildhüter und Förster und die Bevölkerung hätte ihn gerne als ihren Bürgermeister. Die Leute hatten es schwer in der Vergangenheit. Kriege, Ausbeuter, Krankheiten. Sie sehnen sich nach eurer Führung. Ihr könnt euch selbst und die Leute hier glücklich machen.“
„Das klingt wie aus einem Groschenroman.“
„Ja, das stimmt – so ist ein glückliches Leben. Wie ein Roman. Ihr könnte hier ein erfülltes Leben führen. Rubens bekommt von seinem Schicksalsgott gerade das gleiche Angebot. Ihr beide seid für einander bestimmt. Hier und auch in eurem alten Leben. Ich mache dir ein Angebot. Teste dieses Leben für die vier Wochen, die du für deinen Urlaub geplant hattest. Wenn du nicht hier bleiben willst, komme zu der Höhle zurück. Da wird sich das Portal in dein altes Leben öffnen und du kannst wieder zurück. Aber gib dem hier eine Chance.“
„Was ist wenn ich mich für hier entscheide. Was wird aus meinem alten Leben, Familie, Freunde?“
„Die Erinnerung an euch wird gelöscht. Ihr habt dann dort nie existiert. Keiner wird euch vermissen. Aber du darfst nicht traurig sein. Deine Liebsten haben ihre Seelen hier, hier in dieser Zeit. Es sind immer die selben die du in deinem Leben triffst. Also auch hier.“
„Man – das klingt wie ein Abenteuer. Gut – gut ich mache es. Ich versuche es. Ja ich will erstmal hier bleiben. So verrückt wie sich das auch anhört. Ich bleibe erstmal in 1407 mit Rubens, wenn er denn will.“
„Oh ja er will.“
Als die Göttin weg war, erwachte Steffi. Sie sprang auf und ging sofort zu Rubens Zimmer rüber. Er war auch wach und sie sah in seinen Augen, dass er ein ähnliches Erlebnis hatte.
Sie setzten sich in die Küche und redeten über diese neue Situation und waren auch ziemlich aufgeregt. Es war wie ein kleines Abenteuer.
So vergingen die Tage. Rubens machte weiter wie bisher nur weniger modern und wesentlich entspannter. Er wurde öfter wegen des Bürgermeisteramtes angesprochen und auch mal ins Rathaus berufen. Währenddessen sortierte Steffi ihre Medizin und versteckte die Bücher, die sich in ihrem Rucksack befunden hatten. Sie hatte sich schon zu Hause für alternative Medizin interessiert und dementsprechende Lektüre dabei gehabt. Die würde nützlich sein, aber auch nicht ungefährlich. Sie genoss die Ruhe in diesem Dorf. Fern der Hektik. Die Leute begrüssten sie, sie luden sie zu Kaffee, Tee und Kuchen ein. Sie kamen zu ihr zu Behandlungen. Es gab keine Hebamme im Dorf, das wurde auch von Steffi übernommen. In der Zeit hatte sie schon zwei Kindern auf die Welt geholfen, und das war ein berauschendes Gefühl. Sie vergas immer mehr ihre Vergangenheit und lebte sich immer mehr in ihr jetziges Leben ein. Die Schicksalsgöttin hatte recht mit den Menschen. Schnell hatte sie ihre Freunde aus dem alten Leben erkannt.
Und auch Rubens fühlte sich immer wohler. Am Anfang war er sehr zurückhaltend Steffi gegenüber. Er machte seine Witzchen über ihre Situation und dass sie in wilder Ehe leben würden. Aber sie wussten beide, dass sie in diesem Leben verheiratet waren. Nur traute sich keiner von beiden den ersten Schritt zu machen. Aber eines Abends, nach einem Fest in der Dorfscheune war Steffi etwas angeseusselt und locker. Sie flirtete wild mit Rubens und es kam wie es das Schicksal wollte. Die beiden fanden sich endlich in ihren Armen wieder. Es war für Steffi wie nach Hause kommen. Endlich fühlte sie sich komplett. Und als der Tag kam, an den die beiden zur Höhle hätten gehen können, kuschelte sich Steffi tiefer in Rubens Arme und küsste ihn innigst. Sie war glücklich und fühlte fast das neue Leben, das schon in ihr wuchs.
Die Schicksalsgöttin sass oben am Berg und lächelte wissend vor sich hin. Sie liebte diesen Teil ihres Daseins. Manchmal war es ihr vergönnt, die Menschen glücklich zu machen. Und dies wiegte alles Leid auf, das sie sonst gezwungen war zu verteilen.
ENDE