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Das neunte Wort. • *.txt mucksmäuschenstill

Vor einiger Zeit hatte ich schon mal die Aktion von Dominik entdeckt. #txt. Er gibt ein Wort vor und man selbst schreibt einen Text dazu. Veröffentlicht ihn auf seinem Blog und den Link bei Dominik. Es ist dann bei mir etwas in Vergessenheit geraten und jetzt wieder aufgetaucht. Das Wort für diesen Monat heißt

Mucksmäuschenstill, hat sie gesagt. Ich soll Mucksmäuschenstill sein. Was ist das für ein komisches Wort? Ich weiss gar nicht wieso. Ich und meine Freundin, sie ist heute Übernachtungsgast, wir hatten einen Girlsday geplant. Und es war so schön gewesen. Sie ist schon lange weg gezogen und wir haben nur noch per Whatsapp, alle Jubiläen mal Kontakt. Klar. Jeder hat sein Leben weiter gelebt. Sie musste sich in dem neuen Land, das sie nur aus dem Urlaub kennt, zurecht finden. Ihren Weg gehen. Und ich, für mich hat sich ja nichts verändert, ausser, dass sie nicht mehr da war. Und diese Leere wurde gefüllt mir Arbeit, Kino, Disco bis es normal wurde. Sie war halt nicht mehr da.

Und jetzt – sie meldete sich und meinte, sie hat Sehnsucht. Sie will mal wieder die Vergangenheit besuchen. Und ich freute mich. Sie hat ihren Mann und ihr Kind in Obhut gegeben und hat die Koffer gepackt. Aber ich wollte nicht, dass sie bei mir wohnt. Es soll unsere Zeit sein. Ich bin auch nur ein kleiner Stopp auf ihrer Reise. Also habe ich eine kleine Hütte für ein paar Tage gemietet.

Wenn sie weg ist, werde ich noch ein oder zwei Tage alleine bleiben um etwas zu relaxen bis mich der Alltag wieder hat. Meinen Mann und die Tiere gebe ich in die Obhut meines Mannes ;-) das schafft er schon. Die Wassernäpfe füllen, macht er und füttern, wird er bestimmt spätestens wenn sie seinen Zeh anknabbern…

So, jetzt sitzen wir gemütlich am Feuer in einer Waldhütte und knatschen über die alten Zeiten. Ach, das ist so befreiend, über alte Zeiten zu reden. Etwas was einen verbindet. Etwas als das Leben kaum Verpflichtungen für uns hatte.

Aber plötzlich – ein Geräusch. Erst haben wir es für Waldgeräusche gehalten. Was weiss ich schon von Waldgeräuschen? Wann habe ich je im Wald übernachtet? Egal, wir haben einfach weiter gequatscht und paar Cocktails geschlürft. Aber da. Wieder das Geräusch. „Sei mal Mucksmäuschenstill“, sagt sie. „Irgendwas stimmt nicht“, sagt sie. „Pst“

Und dann ging es los. Es donnert an der Tür. Wir sind erstarrt. Wie die Mäuse und bleiben automatisch Mucksmäuschenstill. Ich mach mir fast in die Hose. Wie oft hat man sich gefragt – Was mache ich wenn ich in eine ungewöhnliche Situation komme? Wie tapfer bin ich wirklich. Nicht nur eine grosse Klappe sondern auch Taten?

Jetzt kann ich es beweisen. Ich sage jetzt ihr, dass sie mucksmäuschenstill sein soll, und kann mir ein doofes Grinsen nicht verkneifen. Ich krieche in die Küche und hole mir das obligatorische Fleischermesser. Ich komme mir wie in einem billigen Remake von Scream vor. Und schon wieder muss ich glucksen. Ist das normal? Ich krieche zurück zu meiner Freundin und das gestaltet sich mit diesem Messer wirklich nicht einfach. Ich will ja nicht mich erstechen, sondern den, der da an der Tür poltert.

Da, schon wieder. Da es zu spät ist, das Licht zu löschen stehe ich auf. Gut, dass ich  mich noch nicht gemütlich angezogen habe – warum eigentlich nicht? Warum sitze ich in der unbequemen Jeans und trinke Cocktails…egal. Das Messer in den Hosenbund gesteckt – Autsch – soviel zum TV. Da sieht das immer so locker aus. Aber es klappt. Ich gehe also mutig zu Tür und öffne sie. Vor uns steht ein riesiger Parka mit Beinen. Ich muss mich zusammenreisen um nicht aufzuquicken. Ein Yeti? Quatsch – wo soll der denn her kommen? Also ein Mann – wäre ich jetzt in Kanada würde ich sagen ein Trapper…aber hier. Ein Geocatcher? Oder wie heissen diese neuen Jäger Pokemoner? Ich muss schon wieder kichern – wie albern bin ich eigentlich. „Ähm – Hallo?“ sage ich – keine Antwort „Halloooo? Jemand unter diesem Stoffbergen?“ Er räuspert sich, und antwortet. „*Räusper* Hallo“ Seine Stimme klingt als hätte er sie schon einige Zeit nicht mehr benutzt. Aber ich entspanne mich, er wirkt nicht gefährlich. Ausserdem piekst mich das Messer in den Po, also ich bin sicher.

Meine Freundin ist immer noch mucksmäuschenstill. Sie wünscht sich bestimmt, sie hätte sich nie für diese Reise entschieden. Und dann geht es los. So schnell kann ich gar nicht reagieren. Der Parka-Berg stürzt hinein – stürzt sich auf mich und ich bin schon überfordert. Was soll ich machen. Da ich ja genialer weise, das Messer im Rücken habe komme ich nicht dran. Wo sind denn diese ungeheuren Kräfte von denen alle sprechen in Notsituationen. Tja – jetzt sehe ich alt aus. Denn im Gegensatz zu mir kommt er ganz locker an sein Messer. Und dann klickt es in mir – war doch in mir? Meine Freundin wird doch keine Waffe haben? HA! Falsch gedacht? Wo zum Teufel hat sie denn die her? Und beim hektischen hin und her zappeln sehe ich eine freie Fläche über dem Kamin. Aber, bitte schön, woher weiss sie wie man sie spannt und entsichert. Sie wird doch entsichert? Ich hätte doch mit meinem Mann zum Schiessverein gehen sollen.

Wird sie sich trauen abzudrücken. Aber bevor sie sich entscheiden muss, reagiert dieser Parkaberg und springt auf. Wie er es auch immer geschafft hat, dabei meine Freundin von den Füssen zu holen und ich höre, dass die Waffe scharf ist – sie schiesst in die Decke.

Ich bin noch wie gelähmt von dem Gewicht. Aber ich kann mich bewegen. Er sitzt auf meiner Freundin und sie kämpft wie eine Löwin. Da sieht man die Mutter. Ich schnappe mir das Messer aus meinem Hosenbund – ich brauch nicht zu sagen, dass mein Rücken und Po jetzt wirklich unschöne Schnitte hat, die Narben muss ich  mir dann übertätowieren lassen. Ja – ich habe doch andere Probleme – oder? Und jetzt kommt es Frau oder Maus. Frau – ich stürze mich auf ihn, ziehe an seinen Haaren und mit einer Bewegung, die ich niemals rekonstituieren werden kann fahre ich mit dem Messer über seinen Hals – Was für ein Adrenalinschub. Ich fühle mich unverwundbar ich fühle mich FREI. Ich bin stark. Wir haben überlebt.

Autor:

Lesen ist meine Passion. Ich lese langsam, aber immer. Meine Beziehung und meine Familie sind mir wichtig. Ich liebe meine Tiere über alles. Sie sind es, die mir zeigen, wie einfach doch das Leben sein könnte. Ich warte. Warte auf ein Zeichen.

9 Kommentare zu „Das neunte Wort. • *.txt mucksmäuschenstill

  1. Wah! 😱 Das fängt so gemütlich an, und dann wird fast ein Thriller daraus! War es beabsichtigt, dass ich denke, dass die Freundin vor ihrem Verfolger auf der Flucht war und sich deshalb mit Waffe weit weg der Heimat in einer Waldhütte verschanzen wollte?

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